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Gefährdete Gesellschaft und soziale Gerechtigkeit

Ich meine: es darf uns nicht egal sein, wenn uns die Solidarität innerhalb der Gesellschaft abhanden kommt. Auch in der Schweiz ist die seit Jahren steigende Kluft von Einkommen und Vermögen eine der gefährlichsten Folgen und Ursachen zugleich für den schwindenden Zusammenhalt in der Gesellschaft. Viele Studien haben längst nachgewiesen, dass bei steigenden Differenzen in Einkommen und Vermögen das Glück und die Zufriedenheit, aber auch die Gesundheit der Bevölkerung abnimmt, die Bildungs- und Aufstiegschancen schwinden, und selbst das Wirtschaftswachstum sinkt.

 

Eindrücklich haben kürzlich Hans Kissling und Werner Obrecht die Folgen am Beispiel der Gesundheit dargestellt: Trotz höherem Reichtum ist in den USA die Säuglingssterblichkeit höher und die Lebenserwartung tiefer als in Japan oder Schweden. In den USA sterben selbst die Reichen früher. Selbst die Produktion des Hormons Oxydocin, welches für die Vertrauensbildung wichtig ist, wird in ungleicheren Gesellschaften behindert.

 

Zum Verhältnis von Einkommensverteilung und Glück hat der Ökonom Bruno Frey kürzlich in der NZZ festgehalten: „Die Forschung zeigt, dass wenn die Einkommensverteilung auseinander geht, wenn also die Reichen reichen werden und die Armen relativ gesehen ärmer werden, dann werden die Leute unglücklicher. Das gilt auch für diejenigen, die sich besser stellen.“ Kurz: in ungleichen Gesellschaften sind selbst die Reichen kränker und unglücklicher als in ausgeglichenen Gesellschaften.

 

Die UNEP, das Umweltprogramm der UNO, zählt die Fragen zum Zusammenhalt der Gesellschaft zu den wichtigsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Unter den 10 grössten Umwelt-Herausforderungen, welche die UNEP weltweit zusammen gestellt hat, drehen sich mehr als die Hälfte um gesellschaftliche Fragen wie Bildung, besseres Management und Teilnahme am politischen Prozess.

 

Düster sieht der Club of Rome die Zukunft, der soeben – 40 Jahre nach „Grenzen des Wachstums“ - einen Ausblick auf das Jahr 2052 veröffentlicht hat. Bis heute, so konstatiert er gemäss NZZ, hätte Menschheit nichts gelernt, und befindet sich schon heute in fünf grossen Krisen der Arbeitslosigkeit, Nahrungsmittelknappheit, Finanz- und Wirtschaftskrise sowie der ökologischen Krise. Es sei durchaus denkbar, dass die Menschheit dies bis 2052 nicht überlebe. Zu den wichtigsten Ursachen zählt auch der Club of Rome die zwischen- und innerstaatlich falschen Verteilmechanismen.

 

Ein Blick auf die Resultate des Abstimmungswochenendes vom 17. Juni zeigt, dass die BürgerInnen eine grosse Zahl von Entscheiden so fällen, dass man deutlich den Wunsch nach mehr sozialer Gerechtigkeit herauslesen kann:

Schweiz:                     Nein zu Bausparinitiative und Managed Care

Zürich, Luzern:           Nein zu 24 Stunden Ladenöffnungszeiten, ZH mit 70%

Zürich:                        Nein zur freien Schulwahl (Privatisierung der Schulen)

Zürich:                        Ja zur Kulturland-Initiative

Thurgau:                     Ja zur Mehrwertabgabe bei Einzonungen

Baselland:                   Nein zu Sparpaket (Sparen bei Bildung)

St. Gallen:                  Nein zu Kürzung der Ergänzungsleistungen

Baselstadt und Zürich: Nein zu Steuersenkungen (Zürich hat das dritte Mal nein gesagt, entgegen den Empfehlungen von SVP, FDP, CVP, BDP, GLP)

 

Zum weiter Lesen

„Das Problem der Ungleichheit“, Hans Kissling/Werner Obrecht im Tagesanzeiger Magazin 19/2012

2052 – a Global forecast for the next forty years“. Club of Rome, Jorgen Randers, 2012

21 Issues for the 21th century“, UNEP, 2012

Arm und Reich in der Schweiz und in Bern (nicht die neusten Zahlen, aber aufschlussreich genug) Zur Bildung: Michael Hartmann, der Mythos von den Leistungseliten, Spitzenkarrieren und soziale Herkunft in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, Frankfurt 2002