Für ein städtisches ewb im Dienste der Umwelt und des Service public
In der Stadtratsdebatte vom 27. März 2008 kam es zur ersten Debatte über die Teilprivatisierung des ewb. Für die SP/JUSO-Fraktion stehe ich ein für öffentliches ewb im Dienste einer innovativen Umwelt- und Energiepolitik und des service public und gegen eine Teil-Privatisierung des ewb.
Stadtrat 27.3.2008: Entwicklungsvarianten ewb aus Sicht der Eigentümerin
Werte Anwesende
Wir führen heute eine erste Runde einer Debatte einer umwelt- und wirtschaftspolitischen Debatte. Die SP steht klar auf der Seite der Umweltpolitik und des service public.
Die SP/JUSO Fraktion unterstützt den Entscheid des Gemeinderates, dass er das ewb als Teil des service public behalten will und weder ganz noch teilweise verkauft. Das ist ein wichtiger und weitsichtiger Entscheid aus verschiedenen Gründen:
So stellt der GR die langfristige Versorgung der Bevölkerung mit Energie und Wasser sicher, das heisst: langfristige Investitionen in die Versorgungssicherheit statt kurzfristigen Aktionärsgewinne, und das zu tendenziell tieferen Preisen als bei einem privatisierten oder teil-privatisierten Unternehmen. Und genau diese langfristige Investitionsperspektive – übrigens auch beim Wasser, da geht’s um einen Investitionsbedarf von dreistelligen Milliardenbeträgen in der Schweiz in den kommenden Jahren - wird in Zukunft hohe strategische Bedeutung bekommen. Mir ist schleierhaft, wie man die Versorgungssicherheit als Chabis bezeichnen kann weil das ewb angeblich kaum selber produziert, gerade das ewb ist, auch laut Gutachten, stark in der Produktion.
Umwelt- und Energiepolitik: in einer Situation, wo aus ökologischen wie langfristig aus rein ökonomischen Gründen die Förderung von Energiesparen und erneuerbaren Energien absolut entscheidend ist, behält der Staat den nötigen Einfluss auf die konkrete Umsetzung der Energiepolitik vom ewb. So können Stadt und ewb die gute Energiestrategie gemeinsam umsetzen. Das mühsame Hin und Her zwischen BKW und Kanton über Kohle und AKW zeigt, wie schwierig das Verhältnis zwischen 51% Aktionär und Unternehmen ist. Für die SP ist aber eine gute Zusammenarbeit mit der BKW wichtig, ebenso braucht es eine Übereinstimmung von BKW mit der Energiestrategie vom Kanton.
Finanzpolitisch kann man – gemessen am Gewinnrückfluss – das Geld gar nicht besser investieren als ins ewb. Wo würde Herr Pfister, sagen wir 750 Mio. investieren mit der Vorgabe, dass jährlich 35 Mio raussschauen? Ins ewb. Mit den zusätzlichen jährlichen Beiträgen verbessert sich die finanzielle Situation der Stadt, ohne dass das Tafelsilber verscherbelt wird. Ein Teilverkauf würde Überschüsse produzieren, was gleichzeitig die Gelüste für Steuersenkungen und Mehrausgaben fördert. Die Folge: die Überschüsse schmelzen weg, aber das Tafelsilber ist verkauft. Das bedeutet heute schneller Konsum von Volksvermögen auf Kosten der kommenden Generationen. Was weg ist, ist weg, aber definitiv ohne SP. Vom Abfluss von Steuergeldern und andern finanzpolitischen Aspekten im Moment zu reden.
Das ewb ist eine Perle, es ist strategisch besonders gut positioniert als integrierter Anbieter von Energie und Wasser, besonders auch als Produzent von Strom, Gas und Fernwärme und Versorger bis inklusive Hausanschlüsse. Diese Position ist auch langfristig gesichert. Da sind wir uns wohl alle einig, das ist ja auch eine klare Aussage des Gutachtens.
Der Verkauf bringt im wesentlichen Cash, und entspricht natürlich der bürgerlichen Ideologie – weniger Staat, Privatisierung wo immer möglich. Was es dem ewb bringt – wo das gegen einen Teilverkauf ist, und doch immerhin auch einen betriebswirtschaftlichen Leistungsausweis hat – ist eine andere Frage, die hängt unter anderem mit dem Käufer zusammen: BKW als potentieller Interessent ist nur mit knappstmöglicher Mehrheit in öffentlichem Besitz, hat eine namhafte ausländische Beteiligung und ihre eigene Stellung in einer nationalen und internationalen liberalisierte Energielandschaft ist alles andere als klar. Oder es wird an den Meistbietenden verkauft, wie das die FDP will, zum Beispiel irgend ein Unternehmen im Ausland – das wäre wenn schon logisch, ist aber energie- und versorgungspolitisch noch zweifelhafter. Oder die BKW ist der Meistbietende, dann fragt sich, ob sie dies finanziell überhaupt tragen kann – entsprechende Beispiele aus der Luftfahrt (Beispiel Swissair) oder Telekombranche sind bekannt.
Wenn das ewb als service public bei der Stadt bleibt, heisst das aber für die SP nicht, dass wir jetzt die Hände in den Schoss legen können. Das sind wir uns sehr bewusst! Energiepolitik und Versorgungssicherheit muss für die SP in Zukunft ein wichtiges Thema sein, und in die Gewichtung politischer Entscheide einfliessen. Ebenso bleibt eine verantwortungsvolle Finanzpolitik wichtig.
Wir begrüssen konkret auch den Entscheid des Gemeinderates, dass er die Eigentümerstrategie überdenken will: es braucht Anpassungen an das liberalisierte Umfeld, Stichworte sind Kooperationen – und Kooperationen sind auch in dieser Branche so gut und wirkungsvoll wie in andern - mehr Knowhow bei der Stadt, dies SP wird das mittragen.
Ein Wort noch zum Gutachten, wo in unserer Fraktion für rote Köpfe gesorgt hat, wegen den Kosten und der Art der Informationspolitik vom Gemeinderat. Ich nehme das etwas gelassener. Ich glaube vor allem, dass die Liberalisierungseuphorie nachlässt: Im Energiebereich sind die Erfahrungen im Ausland durchzogen, die Monopolisierungstendenz offensichtlich, und auch von sinkenden Preisen redet niemand mehr. Noch dramatischer sind die Erfahrungen jetzt im Bankenbereich, wo selbst der Chef der privaten Deutschen Bank sagt, die Selbstregulierungskräfte des Marktes seien am Ende, es braucht den Staat. Was ja faktisch auch passiert. So gesehen stammt das Gutachten vielleicht schon aus einer anderen Zeit, wo noch manches Gutachten – auch aus Eigeninteresse – das blaue vom Himmel versprochen hat. Wir werden uns vermutlich noch lange mit den dramatischen Folgen der Liberalisierung beschäftigen, das sagen nicht nur Linke, sondern namhafte Ökonomen, weil eben diese Wertsteigerungs-Theorien, wo die Käufe, Verkäufe und Fusionen in den letzten Jahren untermauert haben, auf Scheinlogik, Ideologie und Illusion beruhen, sich weder an Kunden noch realer Produktion orientieren, zu Exzessen bei Reichtum und Verarmung führen – Malik on Management, Uni St. Gallen, newsletter März 2008, wo heute erschienen ist.
Wir stehen voll hinter dem ewb als service public, im Wissen darum, dass wir damit eine energiepolitische und finanzpolitische Verantwortung haben, und in der Überzeugung, dass das auch für die kommenden Generationen die richtige Entscheidung ist. Wir sind überzeugt, dass auch die Bevölkerung hinter einem ökologischen und innovativen ewb steht, wie das auch in Zürich und vielen andern Städten der Fall gewesen ist.
Die Motion der FDP ist für uns erfüllt, weil sie aber gar nie überwiesen worden, kann man sie auch nicht abschreiben. Sie jetzt annehmen macht auch keinen Sinn, dann müsste der Gemeinderat nochmals die ganze Übung machen. Am besten wäre, die FDP zieht die Motion zurück. Alternative: wenn sie in ein Postulat gewandelt wird, könnte die SP zustimmen unter der Bedingung, dass der Vortrag des Gemeinderates gleich als Prüfungsbericht gilt.