Wirtschaft
In keinem anderen Thema sind die Gräben so tief und die Auseinadersetzungen so erbittert wie in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Das habe ich nicht nur in meiner beruflichen Zeit bei der Gewerkschaft SMUV erfahren, sondern bereits an der London School of Economics in der Thatcher-Aera verspürt, und früher noch mit meiner Herkunft aus einer einfachen Familie ohne Akademikerinnen mitbekommen.
Schuldenbremse und Odysseus
In einem erhellenden Beitrag in "Geschichte der Gegenwart" vom 17.1.2024 geht Thomas Biebricher den ideologischen Grundlagen der Schuldenbremse nach - versinnbildlicht im Bild des Odysseus, der sich eben nicht selbst an den Mast binden konnte, um den Sirenen zu lauschen. Er meint, die Einführung in die Politik sei 2001 in der Schweiz erfolgt. Hier irrt er: Eine Schuldenbremse bereits 1929 im Kanton St. Gallen eingeführt. Also exakt zu der Zeit, als die ideolgoischen Grundlagen dafür gelegt wurden. Was nur bestätigt, wie stark die Schweiz sich dieser Politik der Austerität seit ihrer Herausbildung verschrieben hat.
Mein Rede im Stadtrat zur Schuldenbremse als Käsesoufflée.
Die kommende Ungleichheit
Die kommende Wirtschaftskrise wird die Ungleichheit in der Gesellschaft noch massiv vertiefen - so meine Analyse und die bittere Lehre aus der Finanzkrise von 2008 für Journal B.
Abwicklung 2020
Der Frühling 2020 ist gekennzeichnet durch eine nie gesehene Wirtschaftskrise - auch in der Schweiz. Heute erleben wir die Folgen einer jahrzehntelangen "Abwicklung" von sozialen Sicherheitsnetzen und staatlichen Regulierungen. Mein Tagebucheintrag für den 23. März 2020 bei Journal B.
Abwicklung 2014
George Packer's packende grosse Reportage über die USA im 21. Jahrhundert, erschienen unter dem Titel "The Unwinding", ist nun auch auf deutsch erhältlich - ein informativer Bericht dazu in Watson. Die praktischen Folgen der dramatischen Wirtschaftskrise in konkreten Lebensgeschichten.
Bereits vor bald 20 Jahren - 1995 - erschien eine ähnliche, beeindruckende Reportage über die vergessene Jugend Amerika's, "Cold New World. Growing up in a harder Country" von William Finnegan. Damals glaubte ich, es könne nur noch aufwärts gehen...
FDP zur Wirtschaftskrise: Nichts tun und Ruhe bewahren
Die Zeitung "Bund" brachte am Samtag, 27. Juni 2009 ein Streitgespräch zwischen mir und FDP-Stadtrat Pascal Rub zum Thema Wirtschaftskrise. Anlass bildete das Aktionsprogramm der SP Stadt Bern. Die erstaunlichen Aussagen der FDP in der Person des Pascal Rub: In der Wirtschaftskrise gilt es Ruhe zu bewahren. Die Aktionäre leiden am meisten unter der Krise.
Aktionsprogramm gegen die Wirtschaftskrise
Wer meint, auf lokaler Ebene lässt sich nichts gegen die Wirtschaftskrise unternehmen, liegt falsch. Das Aktionsprogramm der SP Stadt Bern zeigt zahlreiche Möglichkeiten - und daraus abgeleitet hat die SP auch schon konkrete Vorstösse unternommen.
Die unsichtbare Wirtschaftskrise
Für die Ausgabe 04/2009 des links.ch habe ich einen Artikel geschrieben zur Wirtschaftskrise in Bern und was die SP dagegen tun will. Eine der Feststellungen: noch ist die Wirtschaftskrise unsichtbar - trotzdem ist Handeln angezeigt, denn abwarten und hoffen, alles gehe vorüber, ist die falsche Lösung.
Arm und superreich im Kanton Bern
Rund 90'000 Personen oder rund 12 Prozent der Haushalte im Kanton Bern sind arm oder armutsgefährdet. Diese erschreckenden Zahlen stammen aus einer Studie, welche die Kantonsregierung am 4. Dezember 2008 veröffentlicht hat.
Am gleichen Tag ist auch die neuste Zahl der Milliardäre bekannt geworden: jeder zehnte Milliardär der Welt lebt in der Schweiz. Noch 1989 besassen die hundert reichsten Schweizer zusammen 68 Milliarden Franken, heute sind es 368 Milliarden Franken. Allein im Kanton Bern besitzen 8 Milliardäre rund 40 Milliarden.
Zum Bilanz-Artikel
Kleines Rechenbeispiel: bei einem durchschnittlichen verfügbaren Einkommen von 42'000.- in Bern gilt ein Einkommen von 21'000.- als arm (50%), eines von 25'000.- (60%) als armutgefährdet. 2 Milliarden oder 5% der Berner Millardärsvermögen entsprechen dem Einkommen eines Jahres, das allen armen und armutsgefährdeten Bernerinnen und Bernern zum Durchschnittseinkommen verhelfen würde.
Arm in der Schweiz trotz Arbeit
Die Working Poor sind Menschen, die über kein existenzsicherndes Einkommen verfügen, obwohl sie erwerbstätig sind. Für sie ist jede unvorhersehbare Ausgabe wie zum Beispiel ein neuer Kühlschrank oder steigende Preise für Medikamente und Strom eine Katastrophe. Auch in der Schweiz ist das absurde Phänomen «Armut trotz Arbeit» relativ weit verbreitet. 2006 gab es gegen 150000 Working Poor, zum Beispiel Einzelpersonen, die weniger als 2200 Franken verdienten, oder Familien mit zwei Kindern, deren Einkommen unter 4650 Franken pro Monat lag.
Im internationalen Vergleich schneidet die Schweiz punkto Working Poor ausgesprochen schlecht ab. In den meisten Ländern sind die Leute arm, weil sie keinen Arbeitsplatz haben. In der Schweiz hingegen sind fast alle Armen, rund 80 Prozent nämlich, erwerbstätig. In mehr als der Hälfte der «armen» Haushalte gehen sogar zwei Personen einer bezahlten Arbeit nach. Das ist im OECD-Vergleich ein trauriger Spitzenplatz, noch vor Mexiko und der Türkei.
LÖHNE RAUF. Eine bezahlte Stelle ist in der Schweiz also keine Garantie dafür, dass genug Geld da ist zum Leben. Dagegen hilft nur eins: die Löhne müssen rauf. Darum hat der Schweizerische Gewerkschaftsbund im letzten Frühling eine angepasste Neuauflage seiner Mindestlohnkampagne lanciert: Kein Lohn unter 3500 Franken. Bei Männern und Frauen mit Ausbildung kein Lohn unter 4500 Franken. Denn wer zum Beispiel im Buchhandel oder im Detailhandel arbeitet und eine Lehre gemacht hat, schafft es mit seinem Lohn nicht über die Armutsschwelle, sobald Kinder da sind.
PRÄMIEN RUNTER. Höhere Mindestlöhne alleine reichen jedoch nicht aus, um das Phänomen «Armut trotz Arbeit» zu bekämpfen. Es braucht zusätzlich mehr Prämienverbilligungen bei den Krankenkassen und höhere Kinderzulagen. Und die Besteuerung von tiefsten Einkommen gehört endlich abgeschafft.
Bruna Campanello ist Mitarbeiterin beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). work, 4.12.2008
Schiffbruch des neoliberalen Geschäftsmodells
Für die Zeitung "Bund" habe ich am 7. November 2008 einen Tribünen-Beitrag zur Finanz- und Wirtschaftskrise geschrieben, der sich mit dem Ende der neoliberalen Ära beschäftigt.
Zum Text
Zur Originalseite im Bund (Text unten links)
Bereits in der Stadtratsdebatte vom 27. März 2008 - als ich für die SP gegen die Privatisierung des ewb antrat - habe ich schon einige Elemente dessen beschrieben, was uns seit Oktober täglich in Atem hält.
Zum Stadtratsbeitrag (gegen Ende des Textes)
Dazu ein Text von Fredmund Malik aus der Stuttgarter Zeitung vom 4.10.2008
Sozialer Klimawandel
... oder weshalb ich glaube, dass Fortschritte in der Umwelt- und Sozialpolitik zusammen gehören und sich wirtschaftlich auszahlen.
Dazu Texte und Hinweise zum weiterlesen.
Die Lohnschere öffnet sich weiter
Zwei Grossbanken, die UBS und Morgan Stanley, schlagen Alarm. In Studien über die Einkommensverteilung in den Industrieländern kommen sie unabhängig voneinander zum Schluss, dass sich in den westlichen Industrieländern die Verteilung zwischen Kapital und Arbeit in den letzten 25 Jahren dramatisch verändert hat. Vor allem in den letzten Jahren sind die Unternehmensgewinne nochmals sprunghaft angestiegen, während die Löhne in den meisten Ländern nur wenig zugelegt haben.
LOHNQUOTE FIEL AUF 55 PROZENT. Die Grafik zeigt, wie stark die Lohnquote, also der Anteil der Löhne am Volkseinkommen, in Frankreich, Italien und Deutschland seit 1980 gesunken ist. In Europa insgesamt ist die Lohnquote von 66 auf 55% gefallen, was einem Erdrutsch gleichkommt. (Die Schweiz wird in diesen Studien nicht explizit erwähnt.) «Wir sind der Ansicht, dass die Divergenz zwischen nur noch schwach steigenden Löhnen und kräftig wachsenden Unternehmensgewinnen ein Ausmass erreicht hat, das auf die Dauer nicht aufrechterhalten werden kann», fasst der UBSÖkonom Daniel Kalt zusammen. Aus der Sicht der Bank befürchtet er eine baldige «Gegenbewegung», eine Radikalisierung und einen zunehmenden Einfluss der linker Parteien.
Hans Baumann ist Ökonom der Gewerkschaft Unia (aus: work, 7.06.2007)
70 Jahre Friedensabkommen
Am 1. Mai 2007 moderierte ich eine Diskussion im Volkshaus Bern zum Thema "70 Jahre Friedensabkommen": Am 19.7.1937 unterzeichneten die Gewerkschaft SMUV (heute unia) und der Arbeitsgeberverband der Maschinenindustrie eine Vereinbarung, die bald als Friedensabkommen und heute als Gesamtarbeitsvertrag bekannt worden ist. An der spannenden Diskussion beteiligten sich Adrian Zimmermann, Historiker, und Beda Moor, Gewerkschaftsverantwortlicher unia für die Maschinenindustrie. Bereits vor 20 Jahren moderierte ich fürs Radio DRS mehrere Sendungen zum Thema 50 Jahre Friedensabkommen: Damals, 1987, lobten SMUV und Arbeitgeber gemeinsam das Abkommen von "Treu und Glauben", während linke GewerkschafterInnen es als Mythos kritisierten. Zum 60jährigen Jubiläum 1997 - als ich für die Gewerkschaft SMUV arbeitete - übernahm die Gewerkschaft SMUV viele der Argumente der GegnerInnen und positionierte sich ohne Arbeitgeberverband. In der Diskussion zum 70jährigen Jubliäum tauchte erneut ein neuer Aspekt auf, nämlich die nicht unbedeutende Rolle des Staates, indem Bundesrat Oprecht kurz vor dem Abkommen 1937 einen Bundesratsentscheid erwirkte, der den Bundesrat die Kompetenz gab, über Lohnstreitigkeiten zu entscheiden - was beide Sozialpartner nicht gerne sahen. Demgegenüber haben die heutigen GewerkschafterInnen die Rolle des Schiedsverfahrens betont. Nur müsse es häufiger angewendet werden.
30 Jahre Gewerkschafts- und Wirtschaftsgeschichte
Die Wirtschaft befindet sich in einem dramatischen Wandel. Die 90er Jahre waren für die ArbeitnehmerInnen, aber auch für viele Wirtschaftszweige (z.B. die Schweizer Bahnindustrie) ein verlorenes Jahrzehnt. Ein Buch (das ich ich als Redaktor für Deutsch und Gesamtredaktion mit vorbereitet habe) schreibt anhand der Geschichte der Gewerkschaft SMUV auch ein Stück Wirtschaftsgeschichte der letzten dreissig Jahre.
Besonders lesenswerte Kapitel:
- über die dramatische Flexibilisierung der Arbeitswelt in den letzten 30 Jahren,
- über Schweizer Neoliberalen der 70er Jahre, welche Thatcher und Reagan vorwegnahmen,
- über die Streiks und das Ringen um die Gesamtarbeitsverträge,
- über den Beitrag der MigrantInnen zur Gewerkschaftspolitik
Buchtitel: "Keinen Schritt umsonst getan. Blicke auf die Gewerkschaft SMUV 1970-2000"
Die Schweiz braucht nicht noch mehr Rücksichten auf den Finanzplatz, sondern vor allem eine neue und aktivere Industriepolitik - in der Schweiz, aber auch für die Region und die Stadt Bern.
Beispiel Zyliss
Mit einem Streik wehrten sich die Beschäftigten der Zyliss AG in Lyss gegen die Verlagerung der Produktion nach China. Im Rahmen des Streiks ist ein Dokumentarfilm entstanden, welchen ich in meiner Funktion als Kommunikationsverantwortlicher beim SMUV initiiert habe. Interviews mit den Streikenden und die Videodokumentation der gesamten Streikzeit des längsten Streiks in der Deutschschweiz zeigen: Den Mut und das Engagement der Streikenden, ihre Gesichter und ihre Geschichten.
Ausschnitte aus dem Dokumentarfim sind bei der Produktionsfirma online abrufbar.
Im Frühjahr 2009 haben sich Yvonne Sami und Eva Hardmeier mit dem Streik beschäftigt - ebenfalls hier dokumentiert.
BEAbern expo
Weshalb ich den Rettungsversuch der BEAbern expo unterstütze, und welche Perspektiven und Erwartungen ans neue Management aus SP Sicht bestehen, war kürzlich Thema im Stadtrat.