Politik ist nie schwarz-weiss
Die TeilnehmerInnen der SP-Delegiertenversammlung vom 5. Mai 2008 begrüsste ich mit einer kurzen politischen Einleitung. Anschliessend fassten die Delegierten mit deutlichem Mehr die Ja-Parole zum Bahnhofreglement.
Liebe Genossinnen und Genossen
Politik ist nie schwarz-weiss, für komplizierte, vertrackte Probleme gibt es nicht immer simple, einfache Lösungen, wir werden heute ein paar vertrackte städtische Themen diskutieren.
Simple Lösungen für alles und jedes, das ist der gefährliche, giftige Stil der SVP. Im Grunde ist es nicht nur eine Gefahr für die Demokratie, es ist noch viel mehr eine Verhöhnung vom Rechtsstaat, wo sich die Gesellschaft bestimmte Regeln gibt, die unabhängig von der politischen Meinung gelten sollen:
Die Gerichte bestehen darauf, dass allen Menschen Verfahrensrechte zu stehen – also werden mit einer Einbürgerungsinitiative flugs diese Rechte ausgehebelt.
Die staatlichen Behörden erklären ihre Lösungen wo vielleicht nicht immer der SVP genehmen sind – also wird das den Behörden mit einer Maulkorbinitiative grad verboten. So einfach geht das.
Aber ganz besonders gilt das für die Bundesratswahl: Eine Bundesrätin wird im demokratischen Verfahren durch das legitimierte Parlament gewählt – und was sich der engste Führungskreis der SVP Schweiz der Bundesrätin und den eigenen Kantonalsektionen gegenüber leistet, ist zutiefst herrisch, respektlos und zeigt erst recht den gefährlichen, absoluten Machtanspruch dieses Personenkreises, der sich selber an keine Regeln haltet. Ein solches Verständnis von Macht braucht keine Gründe. Es appelliert an das Volk und meint Willkür.
Dahinter steht vielleicht auch eine Sehnsucht nach Einfachheit in einer unübersichtlichen Welt. Aber sicher auch konkrete negative Erfahrungen von vielen Menschen am Arbeitsplatz, mit den Behörden, die Diskrepanz zwischen den Versprechungen einer vermeintlich grenzenlosen Freiheit und den realen Alltagserfahrungen. Das ernst zu nehmen, hier nah bei den Leuten zu sein, die gleiche Sprache zu sprechen, aber trotzdem nicht der Versuchung der einfachen Lösungen erliegen, das heisst auch Rechenschaft ablegen, Begründungen liefern, das ist die Aufgabe der SP, das ist der einzige Weg, darauf muss unsere Glaubwürdigkeit bauen. Das ist unser Verständnis von Souveränität und Demokratie.
Und damit wären wir bereits beim Bahnhofreglement. Zwei Bemerkungen vorab:
- Das Bahnhofreglement ist seit letztem Sommer fertig und in Diskussion. Zeitlich ist es ausgerichtet auf die Eröffnung des neuen Bahnhofs – es ist also klar keine Reaktion auf den 6. Oktober oder die Wahlen im letzten November. Es ist einfach und verführerisch, diesen Zusammenhang zu machen, aber es ist nicht korrekt und nicht ehrlich – die SP hat sich diesen Fragen auch schon im letzten Sommer gestellt.
- Ich habe in den vergangenen Wochen in vielen Sektionen an Diskussionen zum Thema teilgenommen – in Altstadt-Kirchenfeld, Bern Nord und Bern Ost sowie Bümpliz – und das waren alles sehr offene, faire Diskussionen, wie auch in GL und Fraktion. Ich hoffe sehr, und freue mich darauf, dass auch die Diskussion hier so fair und offen wird.
N.B: Die DV empfiehlt die Ja-Parole beim Bahnhofreglement mit 39 zu 11 Stimmen bei 3 Enthaltungen.