PUK-Motion (fast) zehn Jahre später
Der Stadtrat entschied sich am 20. September 2012 gegen zwei Forderungen aus der Zeit der Affäre Wasserfallen 2003, welche das diffizile Verhältnis von Exekutive und Legislative masiv beeinflusst hätten. Meine Überlegungen im Namen der SP-Fraktion und mit der Erfahrung von fast zehn Jahren Stadtrat, mit eingeschlossen die bewegte Zeit dieser Affäre.
Werte Anwesende
Ich habe hier im Rat seit den Vorfällen vom April 2003, die zur Parlamentarischen Untersuchungskommission PUK geführt haben, einige Hochs und Tiefs vom Gemeinderat und vom Stadtrat ebenso wie im Verhältnis der beiden Staatsebenen erlebt. Und wenn ich mir die Debatten um die verschiedenen PUK-Motionen, und die verschiedenen Debatten um diese Motion nochmals vor Augen führe, dann spiegeln sie teilweise auch diese Hoch- und Tiefpunkte wieder.
Der Gemeinderat hat sich lange gesträubt, die beiden Forderungen überhaupt materiell zu behandeln. Wir haben das immer wieder, zuletzt 2009, kritisiert. Jetzt ist er jedoch inhaltlich darauf eingetreten, und ich muss sagen: es geht doch! Der Gemeinderat äussert sich umfassend und konzise. Er leitet den Ursprung des Abberufungsrechts aus der demokratischen Bewegung des 19. Jahrhunderts her, einer Zeit, in der Initiative und Referendum ebenso wenig existiert haben wie das Kollegialitätsprinzip, und er führt im Zusammenhang mit dem Genehmigungsvorbehalt die heutigen Entwicklungen von Legislative, Exekutive und Justiz aus. Er beleuchtet damit indirekt auch die teilweise brennend aktuellen Spannungsverhältnisse von Rechtsstaat und Demokratie: Beispiele wie Ungarn und Rumänien führen uns wieder einmal vor Augen, wie wichtig die Sicherung nicht nur der Demokratie, sondern gerade auch der Rechtsstaatlichkeit ist.
Die SP, das kann ich schon sagen, wird der Abschreibung beider Punkte zustimmen. Ich habe den Argumenten nicht viel beizufügen, wenn nicht vielleicht ein paar Überlegungen als einer, der diese ganze Zeit im Stadtrat erlebt hat.
Die beiden Forderungen sind nur ein kleiner Ausschnitt aller Vorschläge und Motionen, welche in Aufarbeitung der Affäre Wasserfallen durch die PUK gemacht worden sind. Die meisten andern sind mittlerweile umgesetzt, so auch die Berichterstattung an die AK oder die Klärung der Pflichtenhefte für Direktionsmitglieder. Insgesamt hat der Gemeinderat in den letzten Jahren in Sachen Kollegialität und Konsistenz deutlich zugelegt. In dem Sinne ist auch ein Aspekt der Abberufungsforderung erfüllt, denn ursprünglich ist es ausgesprochen als “gelbe“, nicht rote Karte gedacht gewesen, um die Kollegialität zu stärken, oder in den Worten von Ueli Stückelberger von 2006: es „hat nichts mit Misstrauen gegenüber der Exekutive zu tun“, sondern es geht darum, „dass es einen präventiven Charakter hat und sich die Exekutive in kollegialer Weise zusammen finden würde“.
Bei der Debatte 2009 hat sich dann gezeigt, dass die Forderung längst ihre Entstehungsgeschichte verlassen hat: im Zuge der Sozialhilfe-Diskussion ist gerade die umgekehrte Funktion im Vordergrund gestanden, wie sie in der Motion Bühler zum Ausdruck kommt. Ursprünglich ist es eben ein Instrument gewesen, falls die Regierung in sich völlig zerrissen, gespalten und nicht mehr handlungsfähig ist, so wie das eine Zeitlang aussah im Jahre 2003, wo sich das gesamte Polizeikader mit dem Kommandanten und den Offizieren an der Spitze gegen den Polizeidirektor stellte. Die Ausgangslage 2009 war anders, der Gemeinderat hatte alle Entscheide im Zusammenhang mit der Sozialhilfe explizit einstimmig gefällt. Damals gab es vielmehr einen tiefen Graben zwischen Gemeinderat und Stadtrat und innerhalb des Stadtrates, und wir haben damals, in der Zeit der permanenten Provokation und Opposition von einem Erich Hess und andern, schauen müssen, dass der Stadtrat überhaupt funktionsfähig bleiben konnte. Dies ist heute wieder anders: Gemeinderat und Stadtrat funktionieren heute beide besser, das ist wenigstens meine Wahrnehmung. Dazu kommt angesichts von Wirtschaftskrise und Unsicherheit, dass die Probleme eher zu- als abnehmen. Darum meine ich: Die PUK, ihre Vorschläge, die Zeit, der politische Prozess und die Erneuerung im Gemeinderat haben ihre Wirkung entfaltet. Die beiden Instrumente wären inhaltlich problematisch, kämen in einem falschen Zeitalter und würden beim Genehmigungsvorbehalt die Rechtssicherheit tangieren und beim Abberufungsrecht den permanenten Wahlkampf fördern, was beides weder im Sinne der Urheber noch von den heutigen Herausforderungen in der Politik kann sein.