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Vom Lesen eines Berichts

| Stadtrat

Am 6. September 2012 führte der Stadtrat eine Debatte über den "Büschi-Bericht" der Aufsichtskommission des Stadtrates. Ich las als nicht-Mitglied der AK den Bericht und vertrat die SP in der Debatte.

Werte Anwesende

Die Aufsichtskommission hat grosse Arbeit geleistet: 20 Sitzungen, und das ganze Aktenstudium. Das Resultat ist eindrücklich: ein verständlicher Bericht, klare Empfehlungen. Unterschiedliche Wertungen sind offen gelegt, nach den leider nötigen Geheimhaltungsmassnahmen sind keine weiteren Indiskretionen vorgekommen, und der ganze Bericht wurde einstimmig verabschiedet. Chapeau, und das auch ein Fingerzeig an den Gemeinderat, wie seriös und engagiert das Parlament arbeiten kann, und damit eine gute Grundlage für die heutige Debatte gelegt hat.

Eine Zeit lang habe ich mein Geld als Paläograf, Entzifferer von alten Handschriften, verdient. So lese ich heute als Nicht-Mitglied der AK diesen Bericht.

Die Ausgangslage ist ein Brief des Teams von allen bis auf einen der Revisoren an den Stadtpräsidenten vom 15. Januar 2010 mit Vorwürfen gegenüber Herrn Büschi. Das allein ist schon ein ungewöhnlicher, bemerkenswerter Schritt, und brauchte Mut der Revisoren. So etwas passiert selten und muss von Exekutive und Parlament ernst genommen werden, wenn uns das Funktionieren der Verwaltung am Herzen liegt. Wir kennen den Inhalt der Vorwürfe nicht, wir sollten sie auch nicht im Detail kennen, aber der AK-Bericht macht klar, dass es sich um einen Katalog von rund 20, teilweise schwerwiegenden Vorwürfen im Bereich Führung, teilweise aber auch um möglicherweise disziplinar- undstrafrechtlich relevante Vorwürfe gehandelt hat. Nicht nur der Finanzinspektor ist ein städtischer Angestellter, auch seine MitarbeiterInnen sind es, und auch sie haben Rechte, auch sie müssen ernst genommen werden. Und der Finanzinspektor als mit einem Lohn im obersten Kader hat eine Führungsverantwortung und eine Fürsorgepflicht gegenüber seinem Team.

Offenbar ist die Unzufriedenheit schon länger vorhanden gewesen, wie der AK Bericht feststellt:

·       Unstimmigkeiten, die seit Jahren bestehen, wurden nur auf Druck angegangen,

·       ein Teamentwicklungsprozess wurde vom Finanzinspektor wieder abgebrochen,

·       nach dem Abgang vom Stellvertreter 2007 war der Finanzinspektor nicht bemüht, eine geeignete Stellvertretung aufzubauen.

Mit einer gewissen Distanz und durch den Bericht der AK betrachtet, ist es völlig logisch, dass da eine Disziplinaruntersuchung Licht in die Sache bringen muss. Ziemlich schräg ist nach der Vorgeschichte und dem Umfang der Vorwürfe die Vorstellung, ausgerechnet vom Finanzinspektor, die auch im Bericht kurz erwähnt wird, in zwei Stunden könnte man das alles auszudiskutieren.

Ob jetzt nur ein Teil oder alle Vorwürfe Gegenstand von einer Disziplinaruntersuchung sein sollten, ist zweitrangig: Irgend jemand hätte sicher auch die Triage des Gemeinderates überprüfen müssen. Nichts anfangen kann ich auch mit der Frage, ob der Finanzinspektor bei seiner Aussage vor der Aufsichtskommission vielleicht jetzt doch wieder nachträglich das Gefühl hat, er sei dann doch unter Druck gestanden bei der Aussage, er sei beim Antrag einer Disziplinaruntersuchung gegen sich selbst nicht unter Druck gestanden. Bitteschön: Für genau solche Klärungen ist eine Aufsichtskommission da, ich gehe davon aus, dass der Finanzinspektor, oberstes Kader, ausgestattet mit rechtlichem Wissen und Beistand, einfach sagt wie er die Sache sieht. Das hinterlässt einen schalen Nachgeschmack von einem weiteren Trickli – was so gar nicht zu seinem Selbstbild im Beobachter passt. Claude Grosjean hat dies auch als Präsident der AK soeben klar gestellt.

Ein knappes Jahr ist für ein solches Verfahren lange, allerdings auch nicht aussergewöhnlich, aber immer eine Belastung für den Betroffenen, das kann ich nachvollziehen. Dass der Zwischenbericht, wo ja offenbar nur eine halbe Seite lang und formaler Natur war, nicht geeignet war für die Einstellung des Verfahrens, da kann ich dem Untersuchungsleiter bez. der Mehrheit der Kommission folgen. Folgen kann ich aber auch den Feststellungen, dass die Kommunikation gegenüber dem Finanzinspektor und der Verfahrensabschluss nach dem Zwischenbericht nicht gut waren. Die Empfehlungen der AK beziehen sich denn auch vor allem auf dieses Problem: Endtermin setzen und einfordern, Form und Inhalt von Zwischenberichten festlegen, ebenso wie die Information der Beteiligten und die Ansprechpersonen. Wir können das nur unterstützen.

Dasselbe gilt für die Empfehlungen, die vor allem an den Linienvorgesetzten gerichtet sind. Die Kommission ist sich einig, dass dem Stadtpräsidenten in der Funktion als Stadtpräsident und Mitglied vom Gemeinderat nichts vorgeworfen werden kann. Als Linienvorgesetzter hätte er, auch da stimmen wir zu, auf jährlichen Mitarbeitergesprächen und einer Stellvertretung beharren müssen, auch bei einem vielleicht „schwierigen“ Mitarbeiter, oder bei einem „schwierigen“ Arbeitsverhältnis.

Dass die Disziplinaruntersuchung keine straf- oder disziplinarrechtlichen Verfehlungen offenbart hat, ist erfreulich. Handlungsbedarf hat aber schon bestanden, und ich hoffe, dass die Massnahmen, die nach Abschluss der Disziplinaruntersuchung eingefordert worden sind, wirklich umgesetzt werden, das Teamcoaching, das enge Reporting, und dass die Stellvertretung funktioniert.

Der Gemeinderat hat bekanntlich die administrative Unterstellung auf den 1. September letztes Jahr von der Präsidial- und Finanzdirektion geändert. Bei so Geschichten wird es irgendwann vermurkst, und dann ist es besser, dass zumindest eine Seite einen Schritt, eine Geste macht und die Situation entlastet. Ich hoffe, nun müssen wir nicht mehr über Herrn Büschi und sein Verständnis von Personalführung und Organisation diskutieren.

Nochmals: dieser Bericht schlüssig und in allen Punkten nachvollziehbar, dafür gehört der Aufsichtskommission ein grosser Dank, auch dass sie es geschafft hat, wirklich jene Aspekte anzuschauen, die für die Beurteilung ausschlaggebenden waren.

 

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