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kleine Vorbemerkung: Da ich mein Votum aufgrund der Debatte in vielen Punkten abgeändert habe, gilt hier noch mehr als sonst das gesprochene Wort.

 

08.000122/000143                                                                                    08/317/318

Stadtrat 13.11.2008: Teilverkauf ewb (Motion SVP/FDP/GFL/CVP) Ja zu Teilverkauf 49% und Motion Eicher (JF) Teilverkauf für Minergie

 

Werte Anwesende

Heute reden die Bürgerlichen plötzlich von Allianzen und Kooperationen Sie scheuen den Begriff Teilprivatisierung wie der Teufel das Weihwasser. Aber genau darum geht es, und die SP hat eine klare Haltung: Sie steht für den service public und den Umweltschutz und ist klar gegen eine Teilprivatisierung des ewb. Seit der letzten Debatte im März hat die wirtschaftliche und politische Entwicklung uns in dieser Haltung klar bestärkt.

Ich zitiere aus meinem Votum vom 27. März: „Ich glaube, dass die Liberalisierungseuphorie nachlässt: Im Energiebereich sind die Erfahrungen im Ausland durchzogen, die Monopolisierungstendenz offensichtlich, und auch von sinkenden Preisen redet niemand mehr. Noch dramatischer sind die Erfahrungen jetzt im Bankenbereich, wo selbst der Chef der privaten Deutschen Bank sagt, die Selbstregulierungskräfte des Marktes seien am Ende, es braucht den Staat. Was ja faktisch auch passiert. Wir werden uns vermutlich noch lange mit den dramatischen Folgen der Liberalisierung beschäftigen, das sagen nicht nur Linke, sondern namhafte Ökonomen, weil eben diese Wertsteigerungs-Theorien, wo die Käufe, Verkäufe und Fusionen in den letzten Jahren untermauert haben, auf Scheinlogik, Ideologie und Illusion beruhen, sich weder an Kunden noch realer Produktion orientieren, zu Exzessen bei Reichtum und Verarmung führen“.

Ich bin fast etwas erschrocken, als ich das wieder gelesen habe: Die Liberalisierungs- und Privatisierungsideologie hat einen Jahrhundert-Schiffbruch erlitten, weltweiten werden Banken rereguliert, entliberalisiert und teilverstaatlicht, allein der Schweizer Staat greift einer einzigen Bank mit 6 Milliarden direkt und 68 Milliarden indirekt unter die Arme. Die Welt hat sich in kürzester Zeit so dramatisch gewandelt, dass man das manchmal wieder sagen muss, weil es vielleicht noch nicht alle realisiert haben. In dem Sinne meine ich, wenn die FDP am letzten Donnerstag „Guten Morgen Kulturschaffende“ gerufen hat, so heisst es jetzt: „Guten Morgen FDP“.

Die Deutschen haben es gemerkt – und die Teilprivatisierung der Bahn abgeblasen. Die Thunerinnen und Thuner haben es gemerkt – und mit einer unglaublichen Rekordzahl von fast 5‘000 Unterschriften das Referendum gegen die Teilprivatisierung des ew Thun zustande gebracht. Auch die Bernerinnen und Berner sind nicht blind.

Es braucht das ewb als service public im Interesse von Wirtschaft und Bevölkerung. Wenn die Liberalisierung etwas bewirkt hat, dann Preise wo steigen. Steigende Energiepreise sind nicht a priori schlecht, aber es braucht soziale Abfederung – wenn ewb an die Stadt Gewinn abliefert, ist das eher möglich, als wenn der Gewinn in die Taschen der Strombarone fliesst. Und diese könnten die Gewinne für die Vorfinanzierung von neuen AKWs missbrauchen, auch das wollen wir nicht. Trotz Liberalisierung verlieren die städtische Werke wie ewz, iwb oder ewb auch so gut wie keine Kunden, wie immer angedroht worden ist – weil sie eben noch immer tiefere Preise anbieten – die Bürgerlichen haben bei der vorherigen Debatte aus wahltaktischen Gründen auf ewb Preispolitik eingedroschen aber „vergessen“ zu sagen, dass eben billiger als z.b. BKW. Damit kann man auch ein erstes Fazit zur Strommarktliberalisierung ziehen: Das Preisniveau sinkt nicht, wie uns die Marktideologen lange einreden wollten, sondern es steigt. Was wir auch wissen, dass das ewb gut positioniert ist und sich bestens halten kann – dies auch als Hinweis an die GFL, welche sich im März grosse Sorgen um das Goldeselchen ewb inmitten von Goldelefanten machte. Diese Goldelefanten, das zeigt sich heute, sind auch nur graue Theorie. Wie gut das ewb positioniert ist, hat ausgerechnet der SVP-Sprecher Peter Bernasconi heute vorgerechnet. Dem ist fast nichts zuzufügen. Ein Grund dafür ist, dass ewb einen hohe Produktionsanteil hat: Mit 8% eigenen Anlagen und strategisch wichtigen Anteilen ist ewb so gut positioniert, dass kwp sagt, „dass der Bereich Produktion heute als Wettbewerbsvorteil betrachtet werden kann“.  Die Position verbessert sich noch mit der neuen KVA. In der Debatte im März hat GFL salopp gesagt, das ewb könne man problemlos teilprivatisieren, das sei ja nur eine Handelsgesellschaft. Mir sind ab so viel wirtschaftspolitischem Unverstand die Haare zu Berge gestanden. 50% der Stromkunden werden sofort zur BKW wechseln, hat ihr Sprecher im März prophezeit. Ich hoffe die GFL hat heute bessere Argumente.

Es braucht das ewb als service public, denn das garantiert langfristige Investitionen in die Versorgungssicherheit, und das ist besser als kurzfristige Aktionärsgewinne.

Langfristige Investitionsperspektiven in der Grundversorgung werden in Zukunft hohe strategische Bedeutung bekommen. Ein gutes Beispiel ist die neue KVA – kombinierte Abfall- und Energiepolitik aus einer Hand. Das gilt übrigens auch beim Wasser, da geht’s um einen Investitionsbedarf von dreistelligen Milliardenbeträgen in der Schweiz. Und ebenso bei der Telekommunikation: Die SP fordert, dass ewb als Teil der Grundversorgung ein Glasfasernetz baut, wie Zürich oder St. Gallen. Ein Glasfasernetz wird schon bald ein Muss sein im Interesse der Wirtschaft und der Unternehmen,  nur ewb den koordinierten Anschluss sicherstellen kann und verhindern, dass x Unternehmen Strassen aufreissen, Hausanschlüsse basteln und bei einem halb gebauten Netz das Geschäft wieder aufgeben, und ewb kann erst noch Synergien nutzen mit der Stromversorgung. Ich habe mit Interesse heute die Unterstützung der FDP für das Glasfasernetz vernommen.

Es braucht das ewb als service public im Interesse der Umwelt- und Energiepolitik. So behaltet die Stadt den nötigen Einfluss auf das ewb für die konkrete Umsetzung der Energiepolitik. So können Stadt und ewb die gute Energiestrategie gemeinsam umsetzen. Es freut mich sehr, wenn die FDP die Energiestrategie und die Minergie-Offensive unterstützt wo der Gemeinderat will mache. Das ist super und entspricht auch einer Forderung der SP. Und dazu braucht es selbstverständlich keine Teilprivatisierung vom ewb. Überhaupt ist die Motion von Herr Eicher ein billiger Taschenspielertrick: Für was dass das Geld aus einem Teilverkauf verwendet werden soll, ist eigentlich egal, da darf jeder Vorschläge machen, Herr Eicher versucht es mit einem grünen Mäntelchen. Denn entscheidend ist nur das Ziel der Teilprivatisierung, das zeigt sich daran, dass er und alle andern Unterzeichner auch die andere Motion unterschrieben haben, wo nichts von Minergie steht. Da darf man getrost entnehmen, ihnen ist jede Begründung recht, Hauptsache das ewb kommt endlich auf den Markt.

 

Das ewb ist eine Perle, es ist strategisch besonders gut positioniert als integrierter Anbieter von Energie und Wasser, als Produzent von Strom, Gas und Fernwärme und Versorger bis inklusive Hausanschlüsse, hoffentlich bald inklusive Glasfasernetz.

Kurz gesagt: Versorgungssicherheit bei Energie, Wasser und Telekommunikation gehört zur Grundversorgung, und kann und darf nicht teilprivatisiert werden.

Wenn man diese Teilprivatisierungs-Motion vom März im Lichte der wirtschaftlichen Entwicklung heute nochmals liest, hat man das Gefühl, sie stamme aus einer anderen Zeit – und steht so quer in der Landschaft, dass man eigentlich meinen sollte, zumindest den helleren Verfechter – ich hoffe, CVP und GFL können dazu zählen – müsste das eigentlich bewusst sein. Wenn sie einzelne Punkte jetzt nur noch als Postulat verstanden haben wollen, deutet das in diese Richtung, Zurückziehen wäre die bessere Lösung, es ist keine Schande, klüger zu werden oder zumindest nur die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zur Kenntnis zu nehmen. Die SP/JUSO Fraktion lehnt beide Motionen ab, in allen Punkten auch als Postulate. Die SP wird wenn nötig das Referendum ergreifen und in der Volksabstimmung mit grosser Überzeugung gegen Privatisierung, für das ewb, für den service public antreten. Und wir sind sicher, die Bevölkerung wird uns unterstützen, wie in Genf, wie in Thun und in vielen andern Städten. Sie hat die Nase voll von den Privatisierern, den Liberalisierern und Boni-Schefflern auf den Teppichetagen.