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Primat der Politik

Werte Anwesende

Die Initiative 200'000 sind genug von 2004 hat vor allem auch Leute mit tiefen Löhnen getroffen, denn seither ist die Lohnskala der Stadt eingefroren. Die SP möchte Verbesserungen für alle und darum, dass der Deckel weg kommt. Natürlich sind für einen Gemeinderat 200‘000 ein guter Lohn und die meisten Leute werden nie soviel verdienen. Für einige sind überhaupt Löhne von Behörden ein Reizthema – manchmal werde ich den Verdacht nicht los, das sei stellvertretend für andere Lohnexzesse, wo man sich vornehm zurückhält, obwohl das die Gesellschaft immer etwas angeht. Heute war zu lesen: der Medianlohn für CEO’s der grössten Firmen in der Schweiz ist 3.8 Millionen pro Jahr… Für unsere Fraktion ist klar, dass der Gemeinderat als oberster Träger der Verantwortung einen Lohn über seinen Angestellten erhält, und dass das ganze Lohngefüge zusammen gehört, wie das immer auch unser Verständnis vom Parlamentsauftrages gewesen ist. Ich bin überzeugt, auch die Bevölkerung sieht das so – in einer Umfrage der Konsumentenorganisationen sprachen sich 75% dagegen aus, dass die Chefs der ausgelagerten Bundesbetriebe das Doppelte eines Bundesrats verdienen. Ich setze mich darum für die Vorlage des Gemeinderats ein, die auch die Gewerkschaften und Personalverbände unterstützen, und das mit Überzeugung:

·        Der Gemeinderat hat einen Auftrag vom Parlament bekommen

·        Der Gemeinderat ist lernfähig: nach der ersten, punkto Gemeineratslöhne überrissenen Version, hat er eine Lösung mit Augenmass präsentiert.

·        Der Gemeinderat ist mutig: er ist öffentlich für die Vorlage eingetreten und hat sich nicht hinter irgend jemandem versteckt

·        Und er respektiert demokratische Regeln: er schlägt vor, die Regelung freiwillig dem Volk vorzulegen, wo vor bald zehn Jahren einen Lohndeckel eingeführt hat.

Konkret hat der Gemeinderat gegenüber der ersten Variante im ganzen Paket wesentliche Verbesserungen vorgenommen:

·        Die Mindestlöhne sind nochmals heraufgesetzt worden und entsprechen jetzt mit der 40-Stundenwoche der Stadt als Basis den Forderungen der Gewerkschaften in ihrer Mindestlohninitiative.

·        Die mittleren Lohnbereichen wurden so korrigiert, dass keine Anfangslöhne sinken.

·        Die Gemeinderatslöhne wurden deutlich nach unten korrigiert und sind jetzt nur noch wenig höher als jene der höchsten Angestellten.

Kurz heisst das: bei tiefsten Löhnen nochmals rauf, bei höchsten Angestelltenlöhnen etwas runter, bei Gemeinderat deutlich runter, bei Stadtpräsident sehr deutlich runter, das bedeutet insgesamt auch Reduktion der Lohnschere.

Die Lohnschere steigt noch von 4.8 auf 4.95. In der Privatwirtschaft kämpfen wir mit der Juso-Initiative für ein Lohnverhältnis 1 zu 12, wo die Realität bei 1 zu 73 ist. Das entbindet uns nicht von der Sorgfalt auch bei staatlichen Lohnmodellen. Aber die Erhöhung ist für uns kein Grund für Fundamentalopposition, wenn auf der andern Seite die Löhne, und zwar alle, angehoben werden können.

 

Ich komme zu den Anträgen:

Alle Anträge auf Nicht-eintreten werden wir ablehnen, weil wir ja sagen zu einem einheitlichen Lohngefüge und zu Verbesserungen für alle

 

Die Eventualanträge des GB können wir weitgehen unterstützen:

Dem Antrag zur Überprüfung der Lohngleichheit stimmen wir zu, das GB macht hier auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam.

Im Sinn der Kompromisssuche können wir auch dem GB-Antrag zustimmen, dass die Löhne mit 102 bez. 104% an die Löhne der Angestellten gebunden werden. Die neuen Gemeinderatslöhne sind vergleichbar oder sogar tiefer als in kleineren Städten und Gemeinden um Bern und vergleichsweise sehr viel tiefer als vor der Zeit der Initiative. Mit umgerechnet 105 und 108% des letzten Lohnes sind sie gemäss Antrag Gemeinderat im Verhältnis viel tiefer als vor der Initiative (dann waren sie rund 115%), viel tiefer als beim ersten Vorschlag, und mit dem GB Antrag werden sie nochmals gesenkt. Die Lohnschere wird nochmals kleiner, und das Lohngefüge bleibt intakt. Das bedingt aber, und die Anbindung in Prozent macht es nochmals deutlicher, dass die Vorlage ein Gesamtpakt bleibt und nicht aufgetrennt wird.

Die beiden Anträge der BDP zum gleichen Thema werden wir ablehnen: Bei einer so bescheidenen Differenz zu den höchsten Angestelltenlöhnen wo mit dem GB-Antrag noch tiefer ist als bei der BDP braucht es nicht auch noch Staffelung. Auch den Stapi noch zusätzlich zurückzusetzen, finden wir falsch: er hat eine besondere Funktion in der Regierung und in der Stadt, und wer mit dem jetzigen Mühe hat, sollte nicht das Amt bestrafen.

Beim GB-Antrag zu den Minimallöhnen besteht Stimmfreigabe. Auf der einen Seite haben wir Verständnis dafür, die tiefsten Löhne nochmals anzuheben. Hier geht es jedoch vor allem um das Problem vom Deckel oben, damit Verbesserungen für alle möglich werden. Bei den tiefsten Löhnen, wo sich die meisten Angestellten rasch in höhere Lohnklassen bewegen, hat der Gemeinderat nochmals zugelegt, aber, und das ist die andere Seite, wir wollen die Vorlage nicht lassen abstürzen.

Den Antrag von GLP und SVP zur Trennung der Vorlage lehnen wir entschieden ab. Der Stadtrat hat dazu schon im letzten September Stellung genommen, als die GLP keine Lohnerhöhung für den Gemeinderat aber für die Angestellten wollte. Die GFL/EVP Fraktion hat dann argumentiert: Ja, Gemeinderäte und Gemeinderätinnen sollen mehr verdienen als das oberste Kader, und zwar aus folgenden Gründen:

·        Sie sind nicht nur Politiker, sondern auch Chefinnen und Chef der Verwaltung,

·        sie tragen wie Firmenchefs Verantwortung, etwa wenn ein Abteilungsleiter „Chabis“ macht,

·        Sie sitzen auf einem Schleudersitz und können abgewählt werden.

Wenn man für ein einheitliches Lohngefüge ist – und im Bereich der öffentlichen Verwaltung für das Primat der Politik – dann muss man auch zu diesem Prinzip stehen und es als Gesamtgefüge vertreten. Das war immer ein wesentlicher Punkt bei allen, die den Gemeinderat unterstützt haben, sei es beim Runden Tisch oder in der Kommission. Ich habe Mühe wenn man einfach sagt, das sei nicht so wichtig und sich so aus der Verantwortung verabschiedet.

Eine Abkehr von diesem Prinzip hätte weitreichende Konsequenzen auf die Stabilität des Lohngefüges: wer hätte den höchsten Lohn, ein Spezialist, seine Vorgesetzten, der Generalsekretär? Es gäbe Ungleichbehandlung unter den Angestellten. Mit der Zeit wird der Abstand zum Lohn der Gemeinderäte immer grösser, und die Wahrscheinlichkeit, dass man den Fehler politisch korrigieren kann, immer kleiner. Man findet mit der Zeit tendenziell weniger qualifizierte PolitikerInnen. Mittelfristig gäb es eine Abwertung der Politik und die staatlichen Institutionen würden geschwächt.

 

Ich habe Mühe mit jenen, die sagen, sie seien zwar für beide Teile, aber aus taktischen Gründen für die Trennung, weil die Verbesserung für den Gemeinderat hätte ohnehin keine Chance hätte und weil man die Lohnerhöhung für das Personal nicht gefährden will. Man kann dann sogar sagen, man sei für beide Teile und lasse ja nur demokratisch das Volk entscheiden. Die Ausgangslage ist dann zugegebenerweise komfortabel: Wenn die Bevölkerung 2x Ja stimmt, gewinnt man, wenn sie bei den Gemeinderatslöhnen Nein stimmt, hat man habe es immer gewusst – aber faktisch überlässt man damit die Gemeinderatslöhne und das einheitliche Lohngefüge sowie das Primat der Politik seinem Schicksal, denn es gibt genug populistischen Zündstoff. Das ist scheinheilig, selbst wenn ich keineswegs der Meinung bin, die Gemeinderatslöhne seien chancenlos. Man drückt sich um die Verantwortung und leistet dem Populismus Vorschub, statt dass man als Partei hin steht und klar ja oder nein sagt.

Das Paket ist austariert und pragmatisch. Noch heute Abend ringen wir. Was vorliegt darf man jetzt zur Abstimmung bringen. Das Volk soll entscheiden können nach 8 Jahren, in Zollikofen ist das Parlament kürzlich mit Stimmen FDP und SVP auf einen ähnlichen Entscheid von 2006 zurück gekommen.

Wenn wir das hinkriegen, sind viele beteiligt: mit runden Tischen, mit Arbeit hinter den Kulissen, dank dem Engagement des Gemeinderates und Barbara Hayoz, und weil sich die Fraktionen aufeinander zubewegt haben. Dann haben wir – oder hätten wir - in einem Feld mit populistischen Versuchungen Augenmass bewiesen und hart für eine seriöse, pragmatische und mehrheitsfähige Lösung gerungen, die auch von Personalverbänden und Gewerkschaften getragen wird. Ich bin sicher, das wird auch in der Volksabstimmung von der Bevölkerung anerkannt.