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Zukunft der Medienlandschaft Bern

Den Titel hat mir die Redaktion vorgeschlagen. Einfacher schreibe ich über die Gegenwart, denn die Zukunft ist schon da.

Den zweitletzten Schritt in die Zukunft der bezahlten Print-Tagesmedien, die so keine mehr sein wird, hat der Tamedia-Konzern in Bern vor kurzem getan: mit der Fusion der beiden Zeitungen Bund und BZ, welche ab 2018 identische Seiten umfassen. Einziger Unterschied soll die Lokalredaktion sein. Doch wie können sich zwei identische Zeitungen im Lokalteil unterscheiden? Der Tamedia-Konzern driftet unter dem Einfluss des Blocher-Freundes Piero Supino kontinuierlich nach rechts. Wenn sich eine lokale Redaktion dem links-grünen Lager annähme, würde sie dauernd dem übrigen Teil der Zeitung widersprechen. Dann doch beide abwechselnd rechts und links, oder sicherheitshalber in der Mitte, wo man sich fragt „ja was jetzt“? Eher fürchte ich eine Angleichung nach rechts, wie es Infosperber kürzlich für die Basler Lokalmedien analysiert hat. Wie lange werden die beiden Berner Chefredaktoren wohl damit vor einer LeserInnenschaft bestehen, die zudem immer stärker zur Kasse gebeten wird, und wo bei vielen Jungen die Finanzen knapp und die Handies allzeit bereit sind. 

Lokale Vielfalt

Als vor über fünf Jahren Journal B online ging, war diese Entwicklung zwar absehbar, lag aber noch irgendwie in der Zukunft. Gleichzeitig haben sich die die lokalen Informations- und Medienangebote erfreulich vielfältig entwickelt: es gibt eine lebendige Szene von blogs und Quartierzeitungen, eine aktive Informationspolitik der Stadt, (fast zu) viele Kulturinformationen, dazu Regionaljournal, Radio Rabe, Telebärn. Museen organisieren vermehrt Diskussionen, Stadt- und Grossratsdebatten werden live übertragen. Und von Bern aus startet mit Nau eine grosse nationale Redaktion für Bildschirmsysteme.

Wie geschieht Meinungsbildung

Allerdings fragt sich, was „Öffentlichkeit“ angesichts dieser Vielfalt bedeutet: Wie lässt sich der für die politische Meinungsbildung unabdingbare Austausch von Informationen und Meinungen sicherstellen. Sicher braucht es moderne Finanzierungsmodelle für bestehende und neue journalistische Angebote: Unterstützung von online-Angeboten im neuen Mediengesetz und Weiterführung des service public der SRG, lokale Medienförderung sowie die Nutzung von Micropayment lieber als das Hochziehen von Paywalls. Und Journal B kann mehr zur Meinungsbildung beitragen, je mehr BernerInnen Mitglied werden…

Zudem werden angesichts der Mängel von Facebook & Co. neue medienunabhängige elektronische Infrastrukturen wichtiger, wie sie von verschiedenen Seiten gefordert werden. Es gibt auch in Bern gute JournalistInnen, die sich über Recherchepools Gedanken machen, ohne dass sie an bestehende Redaktionen gebunden sein müssten.  

Schliesslich bleibt – was immer Kern der Öffentlichkeit war – der persönliche Austausch, die Debatte im öffentlichen Raum. Genauso wie die heutige junge Generation trotz spotify und handy Konzerte besucht und sich in der Reitschule trifft, werden künftige Generationen das Interesse an Politik, an persönlichem Austausch und an Diskussionen nicht verlieren. Für die SP heisst dies, wie es Leyla Gül einmal formuliert hat: „Rede, rede, rede“. Und wenn sie noch den richtigen Ton trifft, umso besser.

Oktober 4/2017 Regiolinks