Graben im Stadtrat
Stadtrat vom 2.4.2009
Werte Anwesende
Dass der Gemeinderat für die beiden Forderungen aus der PUK-Motion noch immer keine Umsetzungs- Vorschläge gebracht hat, und nicht einmal eine Fristverlägerung beantragt hat, finden wir falsch. Es handelt sich um eine überwiesene Motion, wo der Stadtrat auch nicht abschreiben wollte, deshalb ist die Ausgangslage eigentlich völlig klar.
Der Hintergrund ist auch klar: Der Gemeinderat ist gegen die beiden Forderungen, und hat das im Stadtrat schon mehrmals dargelegt: Er möchte seine Handlungsmöglichkeiten bei der Umgestaltung von Direktionen und Ämtern nicht einschränken lassen, und er fürchtet bei einem Abberufungsrecht einen permanenten Wahlkampf, wo das Klima in der Regierung eher verschlechtern als verbessern könnte. Darum haben ja übrigens pikanterweise die Jungfreisinnigen in der Person von Christian Wasserfallen diesen Punkt bei der letzten Debatte mit eindrücklichen Worten abgelehnt.
Für die SP ist aber die Tatsache, dass der Gemeinderat gegen die beiden Forderungen ist, kein Grund, nicht rechtzeitig einen Vorschlag zu bringen. Und doch beschleicht mich ein grosses Unbehagen und Magenzwicken, wenn ich sehe, wie die FDP auch diese PUK-Motion jetzt zu einem Element der Kampagne gegen die Sozialdirektorin und den Gemeinderat instrumentalisiert. Ursprünglich verfolgt die Motion den Zweck, dem Volk und dem Stadtrat Instrumente zu geben, wenn die Regierung in sich völlig zerrissen, gespalten und nicht mehr handlungsfähig ist, so wie das eine Zeitlang aussah im Jahre 2003, wo sich das gesamte Polizeikader mit dem Kommandanten und den Offizieren an der Spitze gegen den Polizeidirektor stellte.
Die Ausgangslage ist heute anders, der Gemeinderat hat in der Debatte letzte Woche die aussergewöhnliche Aussage gemacht, dass er alle Entscheide im Zusammenhang mit der Sozialhilfe einstimmig gefällt hat. Heute gibt es vielmehr einen tiefen Graben zwischen Gemeinderat und Stadtrat und innerhalb des Stadtrates. Es gibt eine lähmende Vorstossflut zu immer gleichen Themen, und es herrscht streckenweise ein Ton, dass man eher um die Handlungsfähigkeit vom Parlament und von seinen Kommissionen fürchten muss. Stellt man Gemeinderat und Stadtrat gegenüber, so zweifle ich, dass der Stadtrat einer zerrissenen Regierung – was sie nicht ist – heute überhaupt einen Ausweg bieten könnte. Da ist der Anspruch der PUK-Motion sehr hoch, und bevor wir grosse Töne spucken, sollten wir zur Funktionsfähigkeit vom Rat Sorge tragen. Das zeigt sich leider gerade in dieser Interpellation mit der zynischen Frage, ob die Textvorschläge etwa bei der Regierungsstatthalterin plausibilisiert werden mussten. Die SP weist diesen Ton einmal mehr scharf zurück. Mit dem Theater, dass wir hier seit Wochen jeden Donnerstag aufführen, fürchte ich derzeit vor allem um die Glaubwürdigkeit des Parlamentes – eine schlechte Voraussetzung, um dem Gemeinderat so an den Karren zu fahren.
Trotzdem fordert die SP/JUSO-Fraktion den Gemeinderat auf, hier vorwärts zu machen. Ich glaube, die Bevölkerung hat das Recht darauf, dass wir wieder über Inhalte und nicht immer über Debatten debattieren.