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Steuerzahler proben Aufstand

 

Stadtberner SVP-Grossrat Fuchs und Entourage nehmen sich Wohnung im steuergünstigen Muri. Eine angekündigte Steuerflucht aus politischen Gründen: Thomas Fuchs aus Bern West ist neu Mieter in der Vorortsgemeinde Muri.

 

Bisher wohnte Thomas Fuchs im Stadtberner Weiler Niederbottigen, wo er eine Liegenschaft besitzt. Seit kurzem ist der SVP-Grossrat aber Mieter in Muri. Fuchs hat sich bei Catherine Stankiewicz-von Ernst im Schlossgut eine Wohnung genommen. «Nur eine kleine, ich nutze sie vor allem als Büro», bestätigte Fuchs gestern auf Anfrage. Er habe prominente Nachbarn: einen Alt-Gemeindepräsidenten, den Nationalbankdirektor. «Die sind immer am Arbeiten, man sieht sie kaum.»

Versucht da ein Politiker, seine Steuern zu optimieren? Handelt es sich doch bei Muri-Gümligen mit Steuerfuss 0,99 um eine der bernischen Steueroasen. Zum Vergleich: In der Stadt Bern beträgt die Steueranlage 1,54 Einheiten. Ist Fuchs ein Steuerflüchtling? «Noch nicht, aber wohl bald», meint der Abgeordnete. Sein Einzug in Muri habe keinen privaten, sondern vielmehr einen politischen Hintergrund.

 

Vorläufig Wochenaufenthalter

 

Der designierte Vizepräsident der Stadt-SVP behält Schriften und Lebensmittelpunkt vorläufig in Bern, will aber mit der Wochenaufenthalter-Wohnung in Muri «ein Zeichen gegen die städtische Steuerpolitik» setzen. Fuchs machte den Anfang, «10 bis 20» weitere Steuerzahler sollen ihm folgen. 
Geplant war, die Umzüge später als politischen Coup an einer Medienkonferenz bekannt zu geben. Nun werde es halt bereits im Vorstadium bekannt, sagte Fuchs gestern. Zwei, drei Zusagen habe er schon erhalten, darunter solche von Innenstadt-Gewerblern. «In der Stadt Bern werden die Steuerzahler mit Gebühren und Abgaben geschröpft bis zum Gehtnichtmehr», poltert Fuchs. Wenn dies nicht bessere, will er definitiv nach Muri ziehen. Wie viel Steuerersparnis er erzielen würde, hat der Banker Fuchs nicht ausgerechnet. «Ich weiss gar nicht, wie hoch mein steuerbares Einkommen ist.» Bestimmt könnte er aber mit dem gesparten Geld einen ganzen Wahlkampf finanzieren, so Fuchs. Muris Gemeindepräsident Hans-Rudolf Saxer (fdp) wusste bis gestern nichts von seinem frisch gebackenen Muriger Wochenaufenthalter Fuchs, verspricht aber lachend, nun nicht etwa einen Informationsabend für Steuerflüchtlinge in spe aus Bern durchzuführen.

 

SP: «Vertretbarer» Steuerfuss

 

Zu Fuchs' «offenbar politischer Demonstration» wolle er «den Joker ziehen und nichts sagen», sagt Saxer. Nur so viel: Muri sei nicht daran gelegen, den Nachbargemeinden Steuerzahler abspenstig zu machen. Man lege «grossen Wert auf freundnachbarschaftliche Beziehungen» mit der Stadt. 
Auch Thomas Göttin, Ko-Präsident der Stadtberner SP, nimmts mit Humor: Fuchs und seine Mitstreiter könnten doch in Muri eine Wohngemeinschaft bilden. Göttin hält nichts davon, «Gemeinden gegeneinander auszuspielen». Bern sei eine Stadt mit grosser Lebensqualität und vielfältigen Aufgaben, etwa zugunsten von Familien. Finanziert würden diese Aufgaben mit Steuereinnahmen, denen «ein vertretbarer Steuerfuss» zugrunde liege, wie Göttin findet.

Der Bund, 15. März 2007