Gebührenreglement
Stadtrat 25.10.2007: Reglement vom 21. Mai 2000 über die Gebührenerhebung durch die Stadtverwaltung Bern (Gebührenreglement GebR; SSSB 154.11); Teilrevision Gebühren Stadtpolizei und Polizeiinspektorat (u.a. Parkkarten und Marktstände).
Werte Anwesende
Inhaltlich wird sich die Diskussion vor allem um die Erhöhung der Parkkarten-Gebühren drehen, und damit um ein Geschäft, wo noch 1992 was die Gebührenhöhe betrift von der damaligen bürgerlichen Mehrheit in Stadt- und Gemeinderat aufgegleist worden ist, und wo jetzt von den beiden nacheinander zuständigen FDP-Gemeinderäten vorbereitet worden ist. Der erbitterte, ja fast totale Widerstand der bürgerlichen Parteien ist so gesehen Ironie der Geschichte, aber bei gegenwärtigen Polarisierungstrend, wo die bürgerlichen Parteien vorantreiben, leider nicht verwunderlich.
Zuerst jedoch ein paar verfahrensmässige Bemerkungen. Der ganze Wust von bestrittenen, unbestritten und aufgehobenen Gebührentatbeständen, wo die zuständige Direktion vorgelegt hat, macht die Diskussion nicht gerade einfach. Es hat nämlich eine ganze Reihe von Bestimmungen drin, wo völlig unbestritten sind, welche aber in dieses Reglement gehören wegen dem Wechsel von der Polizei zum Kanton. Bei einem – obligatorischen oder fakultativen – Referendum gegen das gesamte Reglement wären bei einem Nein auch diese Bestimmungen weggefallen. Die Folge: für einige völlig unbestrittene Gebühren, und sogar für die Aufhebung von einigen Gebühren, hätte die Rechtsgrundlage gefehlt. Das hätte eigentlich die zuständige Direktion, das hätten wir auch als Kommission merken müssen. Wir haben es vor zwei Wochen realisiert. Und einfach durchwursteln, so im Sinne von "das wäre schon irgendwie gegangen" ist nicht unser Stil.
Aus dem Grund lehnen wir den Antrag vom Gemeinderat formell ab und haben als RGM neue, interfraktionelle Anträge vorgelegt. Keine Angst, sie sind viel weniger kompliziert als sie aussehen. Im Grunde haben wir einfach die unbestrittenen von den bestrittenen Anträgen getrennt. So kann der unbestrittene Teil vom Reglement unabhängig vom Entscheid über die umstrittenen Teile in Kraft treten, falls nicht auch da öbber das Referendum ergreift, was natürlich immer möglich ist. Bei den umstrittenen Anträgen gibt es eine obligatorische Volksabstimmung mit zwei Varianten: eine Variante mit und eine Variante ohne Erhöhung von den Parkkartengebühren, ähnlich wie beim Bahnhof mit/ohne Baldachin oder bei der Bauordnung mit den Varianten Wohnen/Ausgang in der unteren Altstadt. Damit kann sich die Bevölkerung neben vielen kleineren Änderungen auch zum zentralen Punkt konkret äussern.
Zuerst kurz zum unbestrittenen Teil: Der interfraktionelle Antrag auf Seite 1/8 umfasst alle aufgehobenen, unbestrittenen und unveränderten Gebührentatbestände. Wir empfehlen ein Ja.
Jetzt zum umstrittenen Teil (ab Seite 3/8) und da zuerst zu den Marktgebühren. Wir unterstützen die Erhöhung grundsätzlich, sie betrifft nicht etwa den Märit auf dem Bundesplatz, da sind die Gebühren vor ein paar Jahren sogar gesenkt worden, sondern den Warenmarkt, wo grosse Nachfrage herrscht. Im Unterschied zu unserer Haltung in der Kommission, und zwar nach Gesprächen von der Fraktion mit Marktfahrern, werden wir für den Antrag Jenni stimmen, wo es um den Zuschlag für Stände zwischen 3 und 4 Meter geht. Wir haben uns davon lassen überzeugen, dass das vor allem die gewerblichen Marktfahrer würde treffen, nicht aber die wertschöpfingsintensiveren Schmuckstände. Das heisst: ja für eine vernünftige Lösung, und zu einer Lösung, wo auch die Marktfahrer dahinter stehen.
Denn zu den Parkkarten. Eine saftige Erhöhung ist ursprünglich ein Vorschlag von der Polizeidirektion unter der damaligen FDP-Gemeinderätin gewesen als Beitrag für frühere Haushaltsverbesserungsmassnahmen. Dass die Einnahmen teilweise bereits im Budget 2007 "berücksichtigt" worden sind, geht eigentlich nicht und das haben wir auch schon kritisiert. Die Kommission FSU hat im Februar bei einer ersten Vorlage dem Stadtrat Rückweisung empfohlen, im Nachhinein muss man sagen zum Glück, wenn auch nicht mit den Stimmen der SP. Die Direktion hat die Vorlage von sich aus nochmals überarbeitet und die Gebührenerhöhung von der Gewerbe- und Handwerkerparkkarten schon einmal reduziert.
Die SP hat sich bereits im Sommer intensiv mit diesen Parkkarten beschäftigt, weil sie jetzt in den Runden Tisch eingeflossen sind und immerhin 1,4 - 1,6 Millionen zu den Sanierungsmassnahmen beitragen. Wir sind klar der Meinung gewesen, dass eine Erhöhung der Parkkarten – und eine Differenzierung nach Leistungen – richtig ist, dass aber auch in der zweiten Vorlagen der Unterschied zwischen Normalen und Parkkarten für Gewerbe und Handwerker noch zu hoch ausgefallen ist.
Natürlich kann man sagen, das sei ein Basar. Ein einzig bestimmbare, ein für allemal korrekte Parkkarten-Höhe gibt es nicht, Kostendeckung, Equivalenz- und Lenkungsprinzip sind alles Kriterien, die eine Rolle spielen. Dazu auch die Politik, was geht, was geht nicht. Der SP sind zwei Dinge wichtig: eine akzeptable und breit abgestützte Gebührenregelung und die Sanierung von der Stadtfinanzen. Die SP hat darum im Sommer öffentlich der FDP angeboten, über eine gemeinsame Lösung zu verhandeln. Vor der Kommissionsarbeit habe ich persönlich nochmals das Gespräch mit der FDP gesucht. Leider wieder ohne Erfolg. Die FDP hat signalisiert, dass sie alle Erhöhungen rundweg ablehnt und dass sie zu keinen Diskussionen bereit ist. Man kann diese Haltung, wo die FDP auch nicht mehr unterscheidbar zur SVP macht, vertreten. Aber man kann nicht sagen, dass die SP und RGM generell stur sind, keine Kompromisse suchen oder aus reiner Freude an der Schikane Gebühren erhöhen, sondern im Gegenteil, dass die SP die Sanierung von der Stadtfinanzen ernst nimmt und gleichzeitig aktiv eine akzeptable Lösung anstrebt. Wir haben in der Kommission halt unter RGM-Parteien nochmals intensiv gerungen, daraus ist der Antrag der FSU entstanden, wo Barbara Streit präsentiert hat und wo die SP-Fraktion unterstützt.
Der Antrag bedeutet etwa dreiunddreissig Rappen mehr pro Tag für die Normalkarte (240 auf 360), 50 Rappen mehr für die Gewerbekarte (auf 420) und 66 Rappen mehr für die Handwerkerparkkarte (auf 480).
Die SP ist der Ansicht, jetzt ist die Gebührenerhöhung tragbar und im Verhältnis von der Differenzierung zwischen den einzelnen Kategorien ausgewogen. Es verhebt rechtlich, was die Kostendeckung betrifft, andere Städte haben Parkgebühren im vergleichbaren Rahmen und wir haben gut ausgebaute öffentliche Verkehrsmittel und Parkings mit deckten und garantierten Plätzen und wesentlich höheren Gebühren, wo alle ein Interesse haben müssen, dass diese auch benutzt werden und nicht der öffentliche Raum. Dass Gewerbe und Handwerker natürlich nicht im Wankdorf parkieren, wenn sie in der Innenstadt müssen arbeiten, ist ja klar und richtig, grad diese müssen einen Platz finden, gerade darum ist auch eine Differenzierung von der Höhe gerechtfertigt.
Das Parkkarten-Reglement ist noch unter der bürgerlichen Mehrheit 1992 mit fast 70% vom Volk angenommen worden, schon damals hat der Gemeinderat eine Gebührenhöhe von 360 Franken vorgesehen, wie wir jetzt vorschlagen, und erst im letzen Moment hat er sie auf Druck vom Gewerbe auf 240 Franken gesenkt. Diese Gebühren sind seit 1992 nie erhöht worden, nicht einmal der Teuerung angepasst worden, und so gesehen immer gesunken, was eigentlich nicht akzeptabel ist.
Wenn man jetzt die Parkkarten anpasst, bleibt der finanzielle Beitrag als Element vom Runden Tisch im Budget, wenn auch mit kleineren Abstrichen, das hats auch andernorts gegeben.
Das man das mitträgt ist auch eine Frage von der Glaubwürdigkeit bei der Sanierung der Stadtfinanzen. Dass die FDP zwar immer gesagt hat, dass sie die Massnahmen des Runden Tisches mittragen wird, aber gleichzeitig die Gebührenerhöhung rundweg ablehnt, ist doppelzüngig: Gleichzeitig lässt die FDP ihre Gemeinderäte und die Polizeidirektion im Regen stehen, wo und zwar mit guten Gründen, für die Erhöhung und auch für die Differenzierung zwischen normalen und Gewerbeparkkarten eingestanden sind.
Klar will das Gewerbe keine Erhöhung – es kumuliert sich Unmut auch aus andern Gründen – es sei aber auch daran erinnert, dass die Wirtschaft gut läuft, dass gerade in Bern viele Aufträge, vom Staat und von Privaten, Stichwort Westside, Bahnhof, dann Tram Bern West, etc. laufen. Was habe ich heute gelesen: Die Detailhändler haben eine Topsaison, "die Konsumenten überrennen uns beinahe", heisst es bei der Damenabteilung Globus Bern, sogar vom Bahnhofumbau spüren weder PKZ noch Loeb etwas. Das ist erfreulich, absolut toll. So gesehen ist aber das Gejammer um diese Erhöhung nicht gerade übertrieben nachvollziehbar.
Nochmals die Haltung der SP/JUSO-Fraktion im Überblick:
Zuerst zu den Detailanträgen
Ja zum Änderungsantrag FSU (Höhe der Parkkarten-Gebühren)
Ja zum Antrag Jenni (Markttarife)
Dann: ja zum ersten interfraktionellen Antrag (Seite 1/8) und damit ja zum unbestrittenen Teil der Revision.
Schliesslich: ja zum zweiten interfraktionellen Antrag (Seite 3/8) mit dem beiden Varianten A (mit Erhöhung der Parkkarten-Gebühren) und B (ohne Erhöhung)
Falls beide Varianten angenommen werden, empfiehlt die SP/JUSO-Fraktion die Variante A (mit Erhöhung).
Wir sind, zwar logischerweise nicht mit Begeisterung, aber mit Überzeugung und mit guten Argumenten für eine Erhöhung:
Es ist ein Kompromiss nach vielen Verhandlungen
Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, auch was die Sanierung der Finanzen angeht.
Man ist jetzt dort, wo man schon 1992 sein wollte, und wo es seither keine Erhöhung und nicht einmal eine Anpassung an die Teuerung gegeben hat.
Bund-Artikel vom 14.8.2007 mit Kompromissangebot
Espace Artikel vom 8.11.2007