Blick aus dem Fenster im Burgernziel
Im letzten Oktober bin ich im Burgernziel in eine Genossenschaftswohnung eingezogen. Sie liegt direkt an der Thunstrasse: Tramhaltestelle, Stadtverkehr und erstaunlich wenig Lärm prägen die Sicht aus dem Fenster der Fassade, die schon sechsmal Thema in Bund/BZ war. Seit dem Frühling fällt die Abendsonne über die eingeschnittene Fassadenstruktur in mein Arbeitszimmer. Was noch schmerzlich fehlt ist die Baumallee. Eine magere Vorstadt-Heckenpflanzung ist kein Ersatz. Stadtpräsident Alec von Graffenried hat zumindest Bäume in Trögen versprochen – die Stadt steht in der Pflicht. Die Allee, integraler Teil der Überbauung und des Strassenzuges, kann nicht 10 Jahre warten, bis Fragen der Verkehrsplanung gelöst sind.
Aus dem Schlafzimmer blicke ich in einen der südlich anmutenden Innenhöfe: Kinder spielen, Eltern quatschen, der Hof ist mit Spielzeug übersät, und wo Grünfläche geplant ist, werden von Kinderhand eifrig Löcher gegraben. In der Genossenschaft, die einen Drittel der Wohnungen besitzt, haben sich die Bewohner:innen bewusst für diese Lebensform entschieden: beschränktere Wohnfläche, dafür mehr Mitbestimmung und Gemeinschaftsräume. Werkstatt und Musikzimmer werden eingerichtet, die Dachterrassen begrünt, die ersten Initiativen gestartet: Eiertütschen, Gemüseabo, Strassenfest, Chor. Auch die weiteren Bewohner:innen sind eingezogen, man lernt sich kennen. Die Velokeller sind voll, während die Autoeinstellhalle spärlich besetzt bleibt. Geschäfte öffnen, die Quartierbeiz folgt wohl nach den Sommerferien. Das Eröffnungsfest für die ganze Überbauung findet am 1. Juli statt. Das Burgernziel erwacht zum Leben, das Quartier wird aufgewertet und die Thunstrasse entwickelt sich – endlich! - etwas mehr vom Autobahnzubringer zum städtischen Lebensraum.
Thomas Göttin, April 2023